Es geht um Waffen, Dokumentenfälschungen, Beleidigungen, Betrug und gequälte Hunde. Am 21.09.2021 wurde gegen den Weimaraner-“Züchter” Erwin S. vor dem Amtsgericht Alsfeld verhandelt.
Als Gebährmaschine missbrauchte Hündinnen
Wie schon an den beiden Verhandlungstagen zuvor war er auch heute einfach nicht erschienen. Die Geduld des Richters Dr. Bernd Süsz war aufgebraucht und er lies den Mann mit Hilfe der Polizei holen. Der behauptete am Telefon von zu Hause aus, sich in der Zeit vertan zu haben und monierte, dass er nicht kommen könne, “weil vor meinem Haus die Polizei steht”. Mit über einer Stunde Verspätung konnte die Verhandlung schließlich begonnen werden.
Dem Angeklagten Erwin S. konnte mit Hilfe pathologischer Untersuchungen nachgewiesen werden, dass er seine acht Jahre alte Zuchthündin “Nena” mit 2 Schüssen grausam getötet hatte.
Dazu hatte er sie zunächst mit einer 9 mm Patrone zwischen die Augen in den Kopf geschossen. Der Schuss war zu tief angesetzt und die Kugel traf nicht das Gehirn, sondern zerstörte “nur” durch die Nasenbeine, den Gaumen und die Zunge und verletzte die Hündin schwer. Eine vorbeikommende Frau mit Kind hörte zufällig den Schuss und beobachtete, wie die Hündin nach dem Schuss zusammenbracht, jämmerlich schrie und am Boden krampfte. Danach verließ der Schütze seine am Boden leidende, mit 11 Welpen trächtige Hündin im Todeskampf. Geraume Zeit danach schoss er die Hündin in den Brustkorb, traf aber auch nicht direkt das Herz, sondern zu weit vorne, so dass der Todeskampf der Hündin noch einen Moment länger andauerte. Der Richter nannte es “eine barbarische Hinrichtung“.
Säugende Hündin an der Kette bei Erwin S.Anschließend vergrub Herr Erwin S. die Hündin auf seinem Grundstück, wo sie später von der Polizei wieder ausgegraben wurde. Dazu entdeckte die Polizei bei der Hausdurchsuchung neben ca. 11.000€ Bargeld, Blanko-Impfpässen und TÜV-Plaketten noch mehrere Waffen, darunter eine Pumpgun mit Kurzschafft und viel Munition. Der Angeklagte Erwin S. beschimpfte die Polizisten dabei lautstark, u. a. als “Spinner” und nach Aussage einer Polizistin auch als “Arschlöcher und Penner”. Warum die vier befragten, männlichen Polizisten sich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern konnten, muss verwundern. Als der Richter den Angeklagten auf diese Vorgänge anspricht, erklärt Erwin S.:
“Und hätte ich eine Handgranate gehabt, hätte ich sie geworfen”.
Das Veterinäramt war spätestens seit 2017 über die tierschutzwidrige Hunde-Haltung und den Verdacht auf untergeschobene Welpen informiert.
Bis heute gibt es keine §11er Erlaubnis nach Tierschutzgesetz zum Verkauf der Hunde. Wenige erteilte Auflagen wurden nicht nachkontrolliert. Die Tierfreundin Angelika K. hatte sich über 30 mal an die Tierärzte im Veterinäramt gewandt und um Hilfe für die Hunde gebeten. Bis heute gibt es nicht einmal ein Tierhalteverbot. Die Rolle des praktizierenden Tierarztes, der die Welpen impfte und die Pässe ausstellte, wurde bislang nicht hinterfragt.
So mussten die Hunde leben und die Welpen aufziehen
Erwin S. weigert sich nicht nur vor Gericht, mit seinem Anwalt zu kommunizieren.
Auf Fragen des Richters gibt er kaum Auskunft. Immer wieder zieht er sich die Corona-Maske von der Nase. Reue zeigt er keine. Der Grund für sein grausames Verhalten war, dass man DNA Proben von seiner Hündin “Nena” nehmen wollte, nachdem der Verdacht aufgekommen war, dass ein mit Ahnentafel verkaufter Welpe gar nicht von dieser Hündin stammte und, dass Erwin S. über lange Zeit zahlreiche Welpen mit falschen Papieren und falschen Vorgaben verkauft hatte. Die Staatsanwaltschaft wies mittels Gutachten nach, dass die Hündin “Nena” tatsächlich nicht die Mutter dieser Welpen sein konnte. Der Nachweis verlief indirekt, weil mehrere männliche Welpen an der seltenen Verblutungskrankheit “Hämophilie A” gestorben waren. Das Vererbungsprinzip besagt, dass die Mutter-Hündin zwingend die Trägerin dieser Krankheit sein muss. “Nena” war aber frei davon. Das wusste natürlich auch Erwin S., weil er die Welpen aus dunklen Kanälen erworben und die Käufer mit Hilfe von “Pseudo-Ahnentafeln” angelogen hatte. Seine Behauptung, er hätte die Hündin getötet “weil sie schwanger war und er sie deshalb aber nicht ins Tierheim geben wollte”, führt bei den Anwesenden zu Kopfschütteln.
Auf die Spur dieses Betrugs war Angelika K. gekommen, die trotz zahlreicher Rückschläge und zwei Ablehnungen durch die Staatsanwaltschaft nicht locker ließ, nachdem sie ihren Hund “Ayko” auf diese Weise verloren hatte.
Am Ende verurteilte der Richter Erwin S. zu einer Gesamtstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten Haft und das, auch auf Grund seiner Sozialprognose und eines Vorstrafenregisters mit 6 Eintragungen, ohne Bewährung! Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ein Zivilverfahren ist noch anhängig.
(K. Tönnies, 21.09.2021)
Zur Erinnerung an die leidenden Welpen: “Ayko”; gestorben an Hämophilie A.