Der Prozess gegen die „Welpenmafia“ aus Kreuztal kommt nicht voran. Erneut wird ein Verhandlungstermin abgesagt
Die 4. große Jugendstrafkammer des Landgerichts Hagen hat sich vertagt: Der Prozess gegen die Kreuztaler Welpenhändlerfamilie soll nun am Freitag, 6. Mai, weitergehen. Ein Mitglied der Kammer sei kurzfristig erkrankt, hieß es am Freitagmorgen in einer Pressemitteilung.
Im Dezember 2016 waren auf dem Betriebsgelände in Buschhütten mehr als 100 Tiere beschlagnahmt worden. Das Landgericht hat eine Anklage wegen bandenmäßigen Betrugs und Tierquälerei zugelassen.
Für die Tierschutzstiftung „Vier Pfoten“ ist der Kreuztaler Fall „der größte aufgedeckte Fall illegalen Welpenhandels in Deutschland“.
Urteil gegen eine Mitangeklagte ist bereits gesprochen.
Der Fall einer Mittäterin wurde bereits einzeln verhandelt: Sie wurde zu einer Geldstrafe von 1.300 Euro verurteilt, berichtet die Tierschutzorganisation: „Ein geradezu unfassbar lasches Urteil.“ Sie hatte die oftmals schon kranken und zu jungen Welpen von zwei der Angeklagten gekauft und verkaufte die Tiere unter falschen Angaben weiter.
Bisher größter Fall aufgedeckten illegalen Welpenhandels
Die Abtrennung des Verfahrens könne dazu führen, dass die angeklagte Bandenkriminalität im weiteren Verlauf der Verhandlung unter Umständen nicht ins Gewicht fallen kann, fürchtet die Stiftung. In dem abgetrennten Verfahren seien weder Zeugen noch die ermittelnden Beamten gehört worden. „Um zu verhindern, dass der größte aufgedeckte Fall illegalen Welpenhandels in Deutschland zu einer Bagatelle degradiert wird, muss dringend ein Zeichen gesetzt werden“, fordert „Vier Pfoten“.
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Birgitt Thiesmann, Expertin für illegalen Welpenhandel bei „Vier Pfoten“: „Ich war bei der Razzia 2016 dabei. Die schockierenden Eindrücke sind mir noch immer präsent. Uns liegen Beweise vor, dass es sich um einen international organisierten Welpenhändlerring handelt. Es kann und darf nicht sein, dass nach all den Jahren und Hunderten von Strafanzeigen die Beteiligten nun mit milden Strafen davonkommen und das Gericht kurzen Prozess machen will.“. Illegaler Welpenhandel sei eine ernst zu nehmende Straftat. Schließlich gehe es um fühlende Wesen, die teilweise noch heute unter den Machenschaften der Angeklagten leiden müssten. „Ohne Rücksicht auf die Tiere oder die betroffenen Familien, die einen dieser Welpen gekauft haben, wurde sehr viel Geld verdient.”
Daniela Schneider, Kampagnenverantwortliche für Heimtiere bei der Stiftung, fordert „endlich wirksame Gesetze für den sicheren Online-Handel mit Tieren“, angefangen bei einer Verifizierungspflicht für alle Anbietenden bis hin zu einer bundesweiten Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der Tiere. Nur so könne verhindert werden, dass skrupellose Kriminelle sich unbehelligt über Onlineplattformen bereichern können.
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Tierschutzstiftung kritisiert Siegener Behörde
Der Kreuztaler Fall zeige auch das Versagen des zuständigen Siegener Veterinäramtes auf, das hier jahrelang tatenlos zugeschaut habe, sagt Daniela Schneider: „Jahre, in denen der Verkauf von viel zu jungen und kranken Lebewesen einfach weitergehen konnte.“
Bei einer Razzia im Dezember 2016 wurden auf dem Gelände des Hauptangeklagten in Kreuztal 101 Hunde in katastrophalem Zustand vorgefunden und von den Behörden beschlagnahmt. Auch eine Tierärztin war in den kriminellen Handel verstrickt. Diese stellte nicht nur die Blanko-Impfpässe aus, sondern war auch als Mitinhaberin der angeblichen „Zucht“ der tatsächlich aus Osteuropa eingeführten Tiere verantwortlich.